36. Münstersches Gespräch zur Pädagogik thematisiert Schule als Lernort für eine offene Gesellschaft

Moderiert von Dr. Paul Platzbecker (Mitte) vom Institut für Lehrerfortbildung in Essen diskutierten Prof. Dr. Jutta Standop und Prof. Dr. Henning Schluß mit dem Publikum über die Frage, ob Schule Lernort für eine offene Gesellschaft sein kann. Foto: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann

Die Schule hat vielfältige Möglichkeiten, Werte zu vermitteln – nutzt diese aber oft nicht ausreichend. Wichtiger, als das Thema zum Projekt zu machen, sei die indirekte Wertebildung, also das Leben von Werten im Schul- und Klassenverband oder Lehrer als Vorbilder. Mit diesen Themen hat Dr. Wilfried Schubarth, Professor für Erziehungs- und Sozialisationstheorie an der Universität Potsdam, am 8. April das zweitägige Münstersche Gespräche zur Pädagogik eröffnet. 110 Schulleiter, Lehrkräfte, Erziehungswissenschaftler und Bildungspolitiker waren dazu in die Akademie Franz Hitze Haus nach Münster gekommen, wo Dr. William Middendorf, Leiter der Hauptabteilung Schule und Erziehung im Bischöflichen Generalvikariat, die Tagung zum Thema „Erziehung – Werte – Haltungen. Schule als Lernort für eine offene Gesellschaft“ eröffnete.

Es reiche nicht aus, bestimmte Werte einzufordern, betonte Schubarth in seinem Beitrag. Bestimmte Voraussetzungen müssten für eine Verständigung über Werte erfüllt sein, wie beispielsweise ein Dialog auf Augenhöhe, Mut zur Offenheit und zur kritischen Selbstreflexion und ein geschützter Raum. „Ein Teil der Konflikte in den vergangenen Jahren, insbesondere im Zuge von Zuwanderung und Integration, ist auch einem nicht geführten beziehungsweise nicht gelungenen Dialog über Werte geschuldet“, kritisierte der Pädagoge.

Grundsätzlich sei die Wertedebatte durch die „Flüchtlingsdebatte“ neu entfacht worden. „Zunehmender Wertepluralismus und Wertewandel haben offenbar Fremdheitsgefühle und Verunsicherung ausgelöst“, konstatierte Schubarth. Doch für das friedliche Zusammenleben und den Zusammenhalt einer Gesellschaft sei eine gemeinsame Wertebasis wichtig. „Dazu braucht es eine konstruktive und keine ausgrenzende Wertedebatte“, fasste er zusammen. Für eine schulische Wertebildung sei es notwendig, dass Schulen von der Politik unterstützt werden, Wertebildung fester Bestandteil des Leitbildes wird und Lehrkräfte Werte vorleben.

Nachdem sich Dr. Johannes Drerup, Hochschullehrer an der Universität Koblenz-Landau mit den Möglichkeiten eines pädagogischen Umgangs mit politischen Emotionen im Rahmen einer Toleranzerziehung auseinandergesetzt hatte, befasste sich Prof. Dr. Jutta Standop von der Universität Trier mit der Frage, wie Werte vermittelt werden können. Kritik übte Standop am traditionellen Vermittlungsansatz, der die Verarbeitung von Informationen in den Vordergrund stelle. Sie ermutigte zum sogenannten konstruktiven Ansatz, bei dem der Lehrer zwar zur Auseinandersetzung anregt, der Schüler aber aufgrund seiner Wahrnehmung der Umwelt sich auf der Basis reflektierter Erfahrungen sein Verständnis von der Wirklichkeit und auch seine Werteorientierung selbst bildet, also konstruiert.

Unter Bezugnahme auf die pädagogische Herausforderungen angesichts des Klimawandels verdeutlichte Dr. Henning Schluß, Professor für empirische Bildungsforschung und Bildungstheorie von der Universität Wien, die Chancen und Grenzen der schulischen Erziehung für eine demokratische Gesellschaft. Eindrücklich bezeichnete er den Klimawandel als eine existenzielle Herausforderung. „Wir reden von einem von Menschenhand gemachten Klimawandel. Unser Verhalten zerstört den Planeten“, verdeutlichte er. Seiner Meinung nach führe der Klimawandel die modernen Gesellschaften in eine Situation, „die wir für vormoderne Gesellschaften für kennzeichnend hielten“. Wegen der existenziellen Bedeutung der Herausforderung des Klimawandels, so Schluß, müssten diese Herausforderungen die schulische Erziehungsaufgabe maßgeblich bestimmen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen die Teilnehmenden aus dem Plenum die Gelegenheit wahr, sich mit diesen Statements konstruktiv und auch kontrovers auseinanderzusetzen.

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